
…
Sie ist das Ergebnis der größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit dem Inkrafttreten des Abkommens mit der Türkei vom 18. März haben sich die Flüchtlingsbewegungen von der Balkanroute auf das zentrale Mittelmeer verlagert, was laut eines Kommuniqués des Innenministeriums auch zu einem Wiederanstieg der Zahlen der Zuflucht Suchenden mit dem Ziel Großbritannien im Raum Calais geführt hat.
Nach einer systematischen Erhebung lebten Ende August wieder 6.900 Flüchtlinge im Lager La Lande (Calais), nachdem deren Zahl aufgrund diverser Umsiedlungsmaßnahmen im Frühjahr schon auf 3.500 zurückgegangen war. Viele der neuen Flüchtlinge kommen, so Innenminister Bernard Cazeneuve am 2. September in Calais, über Italien und Deutschland, weshalb in Paris am Gare du Nord und Gare de l’Est täglich Polizeikontrollen durchgeführt werden.
Ein weiterer Anstieg der Zahlen soll durch die Bekämpfung von Schlepperbanden und die dauerhafte lückenlose Sicherung der Grenze nach Großbritannien im Hafen Calais und am Eurotunnel gewährleistet werden. Hierzu bedarf es aber auch der Schaffung weiterer Aufnahmekapazitäten in ganz Frankreich sowie einer „konsequenten Abschiebungspolitik von Illegalen, die keinen Asylanspruch in Frankreich haben. In diesem Zusammenhang verwies Innenminister Bernard Cazeneuve darauf, dass Frankreich zukünftig Flüchtlinge gemäß den Regelungen des Dublin III-Abkommens wieder verstärkt in das Land abschieben werde, indem sie registriert worden seien.
Insgesamt gibt es in Frankreich jetzt 161 Erstaufnahmeeinrichtungen in 78 Departements. In diese sind im Laufe des Jahres schon 5.500 aus Calais stammende Flüchtlinge aufgenommen worden, die dort ihren Übersiedelungswunsch nach Großbritannien überdenken oder in Frankreich reguläre Asylanträge gestellt haben.
Frankreich bietet Alternativen für Migranten in Calais
Die Polizeipräsenz ist im Raum Calais auf 2000 Beamte aufgestockt worden. Diese Maßnahme sowie die Sicherung des Eurotunnels haben dazu geführt, dass laut Aussagen der britischen Behörden seit Monaten kein einziger Fall von illegalen Passagen durch den Tunnel mehr aufgedeckt wurde. Im Oktober 2015 waren noch über 10.000 Fälle registriert worden. Zudem waren zwischen Januar und Juli 2016 noch 10.394 illegale Migranten hier aufgegriffen worden.
Auflösung der Lager in Calais
Es muss allen, die nach Großbritannien wollten, klar sein, dass Calais eine Sackgasse sei, so der Innenminister. Das Lager mit seinen prekären Bedingungen und Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen könne so nicht weiterbestehen und müsse aufgelöst werden. Dies werde mit Entschlossenheit, aber auch mit Verantwortung und im Dialog mit den Betroffenen so schnell wie möglich umgesetzt werden.
Hierzu gehört auch die Schaffung von menschenwürdigen Aufnahmekapazitäten. So sind 2015 und 2016 über 46 Mio. € in Calais für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern investiert worden.
Schulterschluss mit Großbritannien
Nach einer Arbeitssitzung kamen Innenminister Cazeneuve und seine britische Amtskollegin Amber Rudd am 30. August in Calais überein, die Zusammenarbeit bei der Sicherung der gemeinsamen Grenze zu intensivieren, um den Migrationsdruck im Raum Calais zu reduzieren.
Hierzu gehören:
– Die Sicherung des Hafens und des Eurotunnels gegen unbefugtes Eindringen. Großbritannien hat hierfür 100 Mio. € zur Verfügung gestellt. Auf französischer Seite sind zu diesem Zwecke 1160 Polizisten und Gendarmen Tag und Nacht im Einsatz.
– Die Bekämpfung der Schlepperkriminalität. Seit Jahresbeginn 2015 konnten so schon 56 kriminelle Banden aufgedeckt werden.
– Die Rückführung von illegalen Migranten ohne Schutzanspruch
– Die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern in Großbritannien, die dort familiäre Bindungen haben.
Innenminister Cazeneuve unterstrich bei dieser Gelegenheit zudem die Gültigkeit der bilateralen Vereinbarungen von Touquet mit Großbritannien aus dem Jahr 2003. Diese würden auch nicht durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union in Frage gestellt, da dieser das Grenzregime nicht verändere, denn die Grenze werde wie bisher weiterhin eine Schengen-Außengrenze bleiben.
Unterbringung von Flüchtlingen in Paris
Zur Erhöhung der Kapazitäten für eine menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen ist in Paris am 6. September das erste Zentrum für die Erstunterbringung von bis zu 600 Flüchtlingen eröffnet worden. Hiermit soll auch die Entstehung von « wilden Lagern » in der Stadt, die den Hygieneansprüchen nicht gerecht werden, verhindert werden. Im Rahmen dieser Strategie zur Auflösung solcher Lager waren schon in den letzten Monaten nahezu 15.000 Personen in festen Unterkünften untergebracht worden.
Mit der neuen Einrichtung werden im Großraum Paris dann insgesamt 75 Aufnahmeeinrichtungen mit einer Kapazität von über 7.500 Plätzen zur Verfügung stehen.
Der Staat stellt für das Aufnahmezentrum in Paris und ein weiteres in Ivry-sur-Seine im ersten Jahr etwa 15 Mio. € zur Verfügung.